Es war im September 1938, dass Ludwig S. in der (alten) Magdeburger Synagoge seine Bar Mizwa erlebte. Eigentlich war sein 13. Geburtstag erst im November, aber so viele Freunde der Familie verließen das Land, keiner wusste, wie es weiter gehen würde, darum wurde das Fest vorgezogen. „Aber“, sagte Rabbiner Dr. Wilde, „Deinen Tallit (Gebetsmantel) bekommst Du erst, wenn Du 13 Jahre alt bist, solange bewahren wir ihn in der Synagoge auf“. Dann kam der 9. November, und Ludwig erfuhr von der Zerstörung der Synagoge. „Mein Tallit“, dachte er, und rannte los, um ihn zu retten. Aber als er in die Synagoge kam, war alles zu spät. Der Innenraum war zerstört, das Brennbare verbrannt, der Tallit verschwunden. Völlig niedergeschlagen kam er nach Hause. „Sei nicht traurig“, sagte dort sein Großvater zu ihm, „ du kannst meinen Tallit bekommen. Ich brauche ihn wohl nicht mehr“. Ludwig drückte Großvaters Tallit fest an sich. Wenige Monate später nahm er ihn mit nach England und später nach Chile. Seinen Großvater sah er nie mehr – Beide Großeltern wurden nach Theresienstadt deportiert und kamen dort um. Nach Magdeburg kam Ludwig erst wieder, als mit Stolpersteinen an sie erinnert wurde. Vor kurzem schenkte er seinem Enkel in Israel den Tallit und erzählte dabei dessen Geschichte…
Sehr geehrte Freunde und Förderer des Magdeburger Projektes „Neue Synagoge“,die Geschichte von Ludwig S. und das Foto des 13jährigen Jan-Joseph aus unserer Synagogen-gemeinde zeigen uns auf unterschiedliche Weise, wie wichtig es ist, sich für die Synagoge zu engagieren – damit Leute wie Ludwig S. spüren, dass Magdeburg aus den schrecklichen Ereignissen der Zeit des Nationalsozialismus gelernt hat. Und damit Menschen wie Jan-Joseph erfahren, dass sie eine Zukunft für ihren Glauben und ihr Leben in Magdeburg haben.
Dass von hier vertriebene jüdische Magdeburger heute unser Engagement für die Synagoge teilen und unterstützen, ist uns eine besondere Freude. So kam eine Spende für den Neubau aus Chile in Magdeburg an, aber auch aus den USA, aus Kanada und aus Israel. Dafür sei ganz besonders Dank gesagt, spüren wir doch dadurch, dass diese ehemaligen Magdeburgerinnen und Magdeburger uns zutrauen, dass wir mit helfen werden, die neue Synagoge zu bewahren.
Dank gilt aber natürlich auch allen Spendern und Sponsoren aus Deutschland, von denen viele in Magdeburg leben. Sie geben nicht nur selbst Geld, sondern sie nutzen persönliche oder betriebliche Feste, um unter ihren Gästen und Gratulanten zu sammeln.
Über den
Baubeginn der Synagoge, die ja zugleich auch ein ein jüdisches Kultur- und Begegnungszentrum in Magdeburg werden soll, gibt es noch nichts zu berichten, wohl aber über viele Schritte in diese Richtung.
Der Landtagspräsident von Sachsen Anhalt, Detlef Gürth, setzt sich dafür ein, dass ein Beschluss des Landesparlamentes zur Unterstützung unseres Synagogenprojektes gefasst wird. Der soll den Weg dafür frei machen, dass finanzielle Mittel in den Landeshaushalt eingestellt werden. Unklar ist, ob das schon den Haushalt (Nachtragshaushalt) 2016 betreffen kann oder erst für 2017 möglich wird. Aus allen Fraktionen des Landtages wurde uns die grundsätzliche Bereitschaft zur Unterstützung zugesichert. Allerdings müssen wir auch damit rechnen, dass die Landtagswahlen nächstes Jahr das Ganze verzögern könnten.
Der Oberbürgermeister der „Otto-Stadt Magdeburg“, Dr. Lutz Trümper, hat dem zugestimmt, dass auf dem für die Synagoge vorgesehenem Grundstück im Zentrum der Stadt ein Schild aufgestellt wird mit dem Text: „Otto braucht eine Synagoge“. Wir hoffen, dass es in absehbarer Zeit ersetzt werden kann durch ein Schild „Otto baut eine neue Synagoge“ – vorerst soll aber obiger Satz öffentlichkeitwirksam für die Synagoge werben. Aufgestellt wird das Schild durch „Stadtmarketing ProMagdeburg“, dessen Geschäftsführer, Herr Georg Bandarau, auch die Anregung dazu gab. Wir sind froh und dankbar für seine Unterstützung.
Mit bisher acht Veranstaltungen startete eine Benefizreihe, durch die nicht nur Spenden eingeworben werden, sondern auch das Anliegen „Neue Synagoge Magdeburg“ bei immer mehr Menschen Sympathie und Zustimmung finden soll. Dass dabei viele Künstlerinnen und Künstler mitwirkten – die Magdeburger Philharmonie als Kooperationspartnerin sogar mit einer Reihe von Konzerten -, dass jeweils zwischen 50 und 150 Zuhörer zusammen kamen, dass alles auch durch kostenfreie Raumnutzung und ehrenamtliche Helfer weitere Unterstützung fand und dass dadurch unserem Projekt mehr als 5000 € Einnahmen zuflossen, ermutigt uns, damit fortzufahren und Ihnen nun auch das nächste Programm zuzusenden.
Unsere Internetpräsentation ist leider noch immer in Arbeit, aber auch auf der Internetseite der Synagogengemeinde finden Sie unsere Informationen zur Synagoge, s.
http://sg-md.org/. Unsere zukünftige Internetseite wurde auf der Mitgliederversammlung unseres Vereins vorgestellt, und dort gab es noch einige Veränderungs-vorschläge, die nun eingearbeitet werden müssen. Darum noch etwas Geduld!
Ein englischsprachiger Flyer zu unserem Projekt liegt seit Anfang Juni vor. Er wird vor allem im Dom, bei Tourismus-Information und in Hotels ausgelegt, kann aber natürlich auch sonst verteilt werden. Ab Ende August soll es auch einen französisch-sprachigen Flyer geben. Für die ehrenamtliche Unterstützung in dieser Sache sind wir Lisa Marie Wichern (Frankfurt/M, englische Übersetzung) und Colette Strauss-Hiva (Paris, französische Übersetzung) sehr dankbar.
Informationen zur Synagoge boten wir auch auf dem „Markt der Möglichkeiten“ beim Deutschen Evangelischen Kirchentag an – im Rahmen der Präsentation der Kirchen Mitteldeutschlands „Ökumene auf dem Wege“. Solche Kooperation soll es auch weiter geben, vor allem im Blick auf Werbeveranstaltungen für das Reformationsjubiläum 2017. Gerade weil Luther mit seiner schlimmen Polemik gegen Juden viel Leid für sie verursacht hat, hat dies Symbolcharakter.
Wie kann die zukünftige Synagoge auch ein Ort der Begegnung sein? Um das an einem konkreten Modell kennen zu lernen, besuchten Mitglieder des Vorstandes das Ariowitsch-Zentrum in Leipzig, das ein jüdisches Haus der Begegnung ist. Natürlich sind die Bedingungen in Leipzig anders - Gemeindesynagoge und Begegnungszentrum sind an verschiedenen Orten; aber wir lernten dennoch viele Möglichkeiten kennen, die sich auch in Magdeburg in einem Gebäude durch eine vielfache Nutzung der Räume realisieren lassen können: Konzerte, Vorträge, Informationen und Gespräche für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Ausstellungen zu jüdischem Leben in Geschichte und Gegenwart, Forschungsmöglichkeiten für Schüler, Studenten oder Regionalforscher, gemeinsames Essen und Feiern und vieles andere mehr kann die neue Synagoge zu einem jüdischen Kultur- und Begegnungszentrum machen - für die Gemeinde und für die weitere Öffentlichkeit.
Der Förderverein „Neue Synagoge Magdeburg“ e.V. sucht natürlich auch immer wieder neue Mitglieder, die sich für das Projekt engagieren wollen, Mitwirkende, die bei der Organisation der Veranstaltungen, an Werbeständen usw. mitarbeiten, die in ihrem Umkreis „Lobbyarbeit“ tun, die nach Sponsoren und Werbe-Ideen Ausschau halten oder solche, die einfach mit einladen und aufmerksam machen auf unsere Benefizveranstaltungen. Lassen Sie sich dazu einladen! Nochmals herzlichen Dank für alle bisherige Unterstützung, für alle Spenden und alle Förderung unseres Projektes.